Grusswort an die Freuden der Unità dei Cristiani
Rom, Ende November 2024
Liebe Freunde der Unità dei Cristiani,
Bald neigt sich wiederum ein bürgerliches Jahr dem Ende zu – ein Jahr mit äusserst gefährlichen Entwicklungen und vor allem mit den schrecklichen Kriegen. Die Ökumenische Bewegung ist seit ihrem Beginn nach den zwei Weltkriegen eine Friedensbewegung gewesen und bleibt deshalb auch heute aktuell. In der Adventszeit nehme ich wiederum die Gelegenheit wahr, Ihnen für Ihr grosses ökumenisches Bemühen um Frieden unter den Christen herzlich zu danken. Gewiss auch in Ihrem Namen sage ich ein spezielles Wort des Dankes dem Präsidenten, Herrn Max Semler, und seiner geschätzten Gattin für die stets umsichtige Leitung der Unità dei Christiani.
Im Bewusstsein von immer mehr Christen wird das Bemühen um die Wiederherstellung der Einheit der Kirche Jesu Christi als eine Aufgabe wahrgenommen, die nicht an den Rand, sondern in die Mitte des kirchlichen Lebens gehört. In beeindruckender Weise ist dies auch deutlich geworden bei der Synode der Bischöfe über die Synodalität, zu der Papst Franziskus in den vergangenen drei Jahren zusammengerufen hat und über die ich kurz berichten möchte.
Im vergangenen Jahr hat die Generalversammlung der Bischofssynode mit einem ökumenischen Gebet auf dem St. Petersplatz in Rom mit der Anwesenheit von Papst Franziskus und Repräsentanten verschiedener anderer Kirchen begonnen. Auch in diesem Jahr ist während der Versammlung ein ökumenisches Gebet gefeiert worden, und zwar am 11. Oktober und damit an dem Tag, an dem vor über sechzig Jahren das Zweite Vatikanische Konzil eröffnet worden ist, das den offiziellen Eintritt der Katholischen Kirche in die Ökumenische Bewegung kennzeichnet.
Während den jeweils vierwöchigen Beratungen sind auch Gäste von anderen christlichen Kirchen eingeladen gewesen. Im vergangenen Jahr haben zwölf so genannte Geschwisterliche Delegierte teilgenommen. Da verschiedene christliche Gemeinschaften bedauert haben, dass sie nicht eingeladen worden sind, hat Papst Franziskus für die Versammlung im vergangenen Oktober die Zahl auf sechzehn erhöht. Dass andere Kirchen an der Bischofssynode unbedingt teilnehmen wollten, ist ein schönes Zeichen gereifter ökumenischer Beziehungen gewesen.
Die gechwisterlichen Delegierten haben während der ganzen Zeit an den Beratungen teilgenommen, an den runden Tischen mitdiskutiert und hatten auch das Recht, im Plenum zu sprechen. Dies ist sowohl von den Delegiertern wie auch von den katholischen Mitgliedern der Synode sehr geschätzt worden. Überhaupt ist das ökumenische Anliegen in vielen Voten präsent gewesen und hat auch einen positiven Eingang in das Schlussdokument gefunden.
Das Interesse an dieser Synode hat gewiss auch mit der Thematik der Synode, nämlich der Synodalität zu tun gehabt. Denn Ökumene und Synodalität sind eng miteinander verbunden. Dies ist bereits sichtbar geworden in den Symposien, die im Auftrag des Dikasteriums für die Förderung der Einheit der Christen und des Generalsekretariats der Bischofssynode an der Päpstlichen Universität Angelicum durchgeführt worden sind. Vertreter von verschiedenen christlichen Gemeinschaften in Ost und West sind eingeladen worden, ihre Sicht und ihre Erfahrungen mit der Synodalität darzustellen. Die erfreulichen Ergebnisse sind nun in zwei Bänden «Listening to the East» und «Listening to the West» veröffentlicht worden. Den engen Zusammenhang von Ökumene und Synodalität hat Papst Franziskus mit den Worten zum Ausdruck gebracht, dass die Synode, die die Katholische Kirche durchführt, ökumenisch sein muss, und dass die Ökumene synodal ist. Denn das griechische Wort «Synhodos» bedeutet, dass wir einen Weg miteinander gehen.
Zu einer solchen Weggemeinschaft im Glauben sind wir besonders an Weihnachten eingeladen, wenn wir im Evangelium hören, dass die Hirten, nachdem sie die Botschaft der Engel gehört haben, nach Bethlehem geeilt sind, um das neugeborene Kind in der Krippe anzubeten. «Transeamus usque Bethlehem»: Machen auch wir uns miteinander und damit synodal in ökumenischer Gemeinschaft auf den Weg nach Bethlehem. Dort werden wir jenen Frieden finden, den die Welt nicht geben kann, den uns aber die Engel verkündet haben: «Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade» (Lk 2, 14). Diesen Frieden Gottes wünsche ich Ihnen und Ihren Familien von Herzen und im Advent eine gute geistliche Vorbereitung. Verbunden im Gebet grüsse ich Sie aus Rom herzlich.