BILATERALE KOMMISSION DER DELEGATION DES OBERRABINATS VON ISRAEL
UND DER KOMMISSION FÜR DIE RELIGIÖSEN BEZIEHUNGEN ZUM JUDENTUM DES HEILIGEN STUHLS



15. BEGEGNUNG

Jerusalem, 12.-14. November 2017; 23.-25. MarCheshvan 5778

 

GEMEINSAME ERWÄGUNGEN ZUR ERKLÄRUNG „ZWISCHEN JERUSALEM UND ROM“

 

1.Das 15. Treffen der bilateralen Kommission wurde durch ein „Welcome Dinner“ eröffnet, zu dem die Konrad-Adenauer-Stiftung eingeladen hatte, die die großzügige Ermöglichung der Treffen in Jerusalem weiterhin gewährleistete. Am folgenden Morgen trafen sich die Mitglieder der jeweiligen Delegationen zu einer Führung durch die jüngsten archäologischen Ausgrabungen der Davidsstadt, die eine tiefe Bedeutung für beide Glaubenstraditionen besitzt. Später am Tag, nach einer Begrüßung durch Rabbiner Rasson Arussi, dem Vorsitzenden der Delegation des Oberrabbinats, wurden Erklärungen über die aktuelle Situation der Christen im Nahen Osten von Repräsentanten des israelischen Außen- und Innenministeriums gegeben.

2. Kardinal Peter Turkson, der Vorsitzende der katholischen Delegation, eröffnete die formellen Arbeiten der bilateralen Kommission, die sich auf das jüdisch-orthodoxe Dokument bezogen, das am 31. August 2017 Papst Franziskus übergeben wurde und den Titel „Zwischen Jerusalem und Rom“ trägt.

3. Die katholische Analyse der einzigartigen Bedeutung des Dokuments wurde mit einer Wiederholung seiner Aussage eröffnet: „Trotz der unüberbrückbaren theologischen Differenzen, betrachten wir Juden die Katholiken als unsere Partner, enge Verbündete und Brüder in unserem gemeinsamen Bestreben nach einer besseren Welt, in der Friede, soziale Gerechtigkeit und Sicherheit herrschen mögen“; und dementsprechend bestätigte die katholische Seite, dass „das Erbe des Glaubens, das von Katholiken und Juden geteilt wird, sehr wohl fähig ist, ein gemeinsames Engagement für den Dienst an der ganzen Menschheit zu tragen“.

4. Die katholischen Überlegungen hoben hervor, „… dass das Band, das die Kirche mit Israel auf der Grundlage der göttlichen Erwählung anerkennt, einzigartig und so stark ist, dass das Dokument der Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum, ‚Denn unwiderruflich sind Gnade und Berufung‘, veröffentlicht aus Anlass des fünfzigsten Jahrestages der Erklärung Nostra aetate (10. Dezember 2015) nicht zögert zu bestätigen: ‚Dennoch nimmt der Dialog mit dem Judentum für die Christen eine einmalige Stellung ein; das Christentum ist mit keiner anderen Religion von der Wurzel her derart verbunden wie mit dem Judentum‘ (Nr. 20)“.

5. Die jüdische Präsentation lieferte einen historischen, kulturellen und theologischen Überblick über die verschiedenen Reaktionen auf Nostra aetate (Nr. 4) und anerkannte, dass sogar schon vor 1965 „aufgrund der langen Geschichte des christlichen Antijudaismus … anfangs viele hochrangige Vertreter des Judentums die Ernsthaftigkeit der Annäherung der Kirche an die jüdische Gemeinschaft“ bezweifelten. Aber „mit der Zeit zeigte sich, dass die Veränderungen in der Haltung und Lehre der Kirche nicht nur ernsthaft, sondern auch immer tiefgreifender werden, und dass wir in eine Phase der wachsenden Toleranz, des gegenseitigen Respekts und der Solidarität zwischen den Mitgliedern unserer beiden Glaubensgemeinschaften eintreten“. Der Beitrag des Heiligen Papstes Johannes Paul II. für diesen Prozess, der auf der Rolle des Pioniers, des Heiligen Papstes Johannes XXIII., aufbaut, wurde hervorgehoben. Das hatte einen tiefgreifenden Einfluss in der jüdischen Welt im Allgemeinen und im Besonderen in Israel. Die Aufnahme von bilateralen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Israel, die auf die Unterschrift des „Fundamental Agreement“ im Dezember 1993 folgte, diente dazu, dem Wandel mehr Substanz zu verleihen.

6. Während vorgängige jüdische Stellungnahmen diese neue Realität anerkannte, ist „Zwischen Jerusalem und Rom“ weltweit die erste offizielle Erklärung von führenden jüdisch-orthodoxen Organisationen, mit dem Ziel, eine Wertschätzung des Wandels zum Ausdruck zu bringen und die Partnerschaft zwischen der Katholischen Kirche und dem jüdischen Volk beim Kampf gegen gewalttätige Geißeln zu stärken, die unsere Welt von heute bedrängen, und auf diese Weise für eine bessere Welt für die ganze Menschheit zusammenzuarbeiten.

7. Mit dieser innerhalb der jüdischen Welt wachsenden Wertschätzung „der strategischen Bedeutung der Beziehung zur Katholischen Kirche, und darüber hinaus für die theologischen wie auch moralischen Imperative zur Vertiefung dieser gegenseitigen Beziehung, wird die Gelegenheit zum Aufbau des Königsreichs der Himmel auf Erden“, zu unserer gemeinsame Verpflichtung.

8. Die bilaterale Kommission wiederholte ihre Zurückweisung der Instrumentalisierung von Religion für gewalttätige Zwecke und bestätigte die Verpflichtung, dass unsere Religion die Heiligkeit und Würde des menschlichen Lebens zu erhalten erfordert. In dieser Hinsicht muss Religion nicht Teil des Problems sein, sondern Teil der Lösung dieses Problems.

9. Die Notwendigkeit, die Ergebnisse im Bereich der katholisch-jüdischen Beziehungen und die Arbeit der bilateralen Kommission weiter bekannt zu machen, wurde betont. Dementsprechend wurden in dieser Hinsicht verschiedene Vorschläge erwogen, besonders die Zusammenarbeit mit Institutionen höherer Bildung und mit den Massenmedien.

10. Man dankte Unserem Vater im Himmel für das Geschenk unserer Freundschaft, die wir in der bilateralen Kommission erleben, und die Bitte wurde zum Ausdruck gebracht, dass sich eine derartige Brüderlichkeit in unserer ganzen Welt verbreite und ER uns mit seinem ganzen Segen des Friedens erfülle, so dass er uns zu Werkzeugen seines Friedens für alle macht.

 

Jerusalem, den 14. November 2017 – 25. MarCheshvan 5778

 

Oberrabbiner Rasson Arussi
(Vorsitzender der jüdischen Delegation)

Rabbiner David Rosen
Rabbiner Prof. Daniel Sperber
Rabbiner Prof. Avraham Steinberg Rabbiner Moshe Dagan
Herr Oded Wiener

Peter Kardinal Turkson
(Vorsitzender der katholischen  Delegation)

Erzbischof Pierbattista Pizzaballa O.F.M
Erzbischof Bruno Forte
Bischof Giacinto-Boulos Marcuzzo
Mons. Pier Francesco Fumagalli
Mons. Marco Formica
P. Norbert J. Hofmann S.D.B.