GRUSSWORT

anlässlich des Festaktes „50 Jahre Orthodoxengesetz in Österreich“
in der Griechisch-Orthodoxen Metropolis von Austria

27. Februar 2018

 

Kurt Kardinal Koch

 

 

Eure Allheiligkeit,
Eure Heiligkeit,
Eminenzen und Exzellenzen,
Verehrte Festgemeinschaft,

 

Es ist für mich ein bewegendes Erlebnis, gemeinsam mit Ihnen das Jubiläum eines Gesetzes zu feiern, das in Österreich viel Bedeutsames nicht nur für die Stellung der Orthodoxen Kirche, sondern auch für die Entwicklung der Ökumene und der zivilen Gesellschaft bewirkt hat. Ich bin dafür dankbar, dass Österreich vor fünfzig Jahren diesen wichtigen Schritt getan hat.

Am Anlass dieser Jubiläumsfeier darf ich der Griechisch-Orthodoxen Metropolis von Austria, allen Orthodoxen Schwesterkirchen in diesem Land sowie der Republik Österreich zur Bedeutung dieser legistischen Leistung herzlich gratulieren und Ihnen allen die Grüsse und Segenswünsche des Heiligen Vaters, von Papst Franziskus überbringen.

Dieser Gruss richtet sich besonders an die heute hier anwesenden orthodoxen Würdenträger aus aller Welt und an die in ökumenischer Verbundenheit versammelten Mitglieder der Österreichischen Katholischen Bischofskonferenz. Mit besonderer brüderlicher Zuneigung grüsst Papst Franziskus den Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, seine Allheiligkeit Bartholomaios I, sowie den griechisch-orthodoxen Patriarchen von Alexandrien und ganz Afrika, seine Heiligkeit Theodoros II.

Der interessante Festvortrag, den wir soeben hören durften, hat uns den Reichtum einer historischen Entwicklung vor Augen geführt, die das christliche Erbe Europas wesentlich mitgeprägt hat und uns zugleich die Verantwortung für eine an der Würde des Menschen orientierte friedliche Zukunft mit auf den Weg gibt. In diesem christlichen Erbe finden wir die Traditionen der Kirche in Ost und West, die auch das heutige Europa mit zwei spirituellen „Lungenflügeln“ atmen lässt, wie der heilige Papst Johannes Paul II. immer wieder in Erinnerung gerufen hat.

Im Hinblick auf die noch trennenden Unterschiede zwischen unseren Glaubensgemeinschaften kann gerade das historische Bewusstsein für die kulturbildende Kraft der Orthodoxen und Katholischen Kirche jenen Prozess erleichtern, der im Zentrum jeden ökumenischen Bemühens steht; nämlich der Prozess der gegenseitigen Bereicherung wie der jeweils eigenen Bekehrung. Indem wir erkennen und anerkennen, wie viel die jeweils andere christliche Kirche zur Kultur eines Landes und eines ganzen Kontinents beigetragen hat, können sich eigene, manchmal verhärtete Standpunkte relativieren. Umso mehr tritt Jesus Christus als die Mitte unseres gemeinsamen Glaubens in den Vordergrund.

Ein aufgeklärtes Geschichtsbewusstsein und ein gebildetes Kulturbewusstsein sind somit ein wesentlicher Beitrag, uns als Teil des Volkes Gottes, als Brüder und Schwestern im gemeinsamen Herrn und geliebt vom einzigen Vater verstehen zu können. Unkenntnis gegenüber der Geschichte und Kultur unserer christlichen Geschwister ist nicht nur ein Hindernis für die sichtbare Darstellung des einen Leibes Christi, sondern schmälert auch die jeweils eigene Glaubwürdigkeit bei der Verkündigung des Evangeliums.

Besonders dankbar bin ich von daher für die viel versprechenden ökumenischen Entwicklungen in der jüngsten Zeit, von denen wir im heutigen Festvortrag Kenntnis erhalten haben. Papst Franziskus hat das ökumenische Anliegen des Baus des Ersten Orthodoxen Klosters in Österreich seit Beginn mit seinem Segen begleitet und unterstützt. In seinem Schreiben vom 1. November 2014 an Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics als Stifter des Bauplatzes hat Papst Franziskus für dessen ökumenisches Wohlwollen mit grosser Freude gedankt und dabei an die bereits vom heiligen Papst Johannes Paul II. betonte Brückenbaufunktion der Diözese Eisenstadt erinnert, mit den Völkern Osteuropas „Kontakte zu pflegen und auch mit ihnen zu teilen, materiell und geistig“.

Nachdem seine Allheiligkeit, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. für den nun in diesem Jahr anstehenden Baubeginn eine persönliche Spende gegeben hat, möchte Papst Franziskus sich in brüderlicher Verbundenheit ebenfalls an der Grundsteinlegung mit einem ganz persönlichen Beitrag beteiligen. Vor wenigen Tagen hat er deshalb an Bischof Ägidius einen symbolischen Beitrag in Höhe von einhunderttausend Euro geschickt – zur Verfügung seiner Allheiligkeit, des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und der Metropolis von Austria.

Eure Allheiligkeit, es freut und ehrt mich, anlässlich des heutigen Gedenkens an ein Gesetz mit „Grundsteincharakter“ für die Ökumene in Österreich gemeinsam mit Bischof Ägidius diesen persönlichen Baustein des Heiligen Vaters in Ihre Hände zu legen. Möge dieser Baustein Einladung und Ansporn für viele sein, sich am Ersten Orthodoxen Kloster in Österreich mit ihrem Gebet und mit ihrem praktischen Tun, durch ideelle und materielle Zuwendung zu beteiligen. Denn ein solches orthodoxes Kloster in einer katholischen Diözese ist ein verheissungsvoller Meilenstein auf dem Weg zur sichtbaren Einheit der Kirche in Ost und West.