DIE BEDEUTUNG DER EINHEIT DER CHRISTEN FÜR DIE EVANGELISIERUNG

(Haus Sankt Ulrich, Augsburg, 18. Dezember 2023)

 

„Wir sind Missionsland geworden. Diese Erkenntnis muss vollzogen werden.“ Diese klare Diagnose hat der Deutsche Jesuitenpater Alfred Delp, der wegen seines Widerspruchs zur nationalsozialistischen Ideologie am 2. Februar 1945 in Berlin Plötzensee hingerichtet worden ist, bereits während des Zweiten Weltkriegs im Kontext eines Vortrags über „Vertrauen zur Kirche“ gestellt[1]. Diese Diagnose hat in der Zwischenzeit nichts an Aktualität eingebüsst, sondern hat zunehmend dramatischere Ausmasse angenommen. Einen wesentlichen Grund für diese Entwicklung hat Alfred Delp in der Gespaltenheit der Christenheit gesehen und ihn an der Wende zu seinem letzten Lebensjahr in seinem Aufsatz über das „Schicksal der Kirchen“ mit den drastischen Worten zum Ausdruck gebracht: „Wenn die Kirchen der Menschheit noch einmal das Bild einer zankenden Christenheit zumuten, sind sie abgeschrieben. Wir sollen uns damit abfinden, die Spaltung als geschichtliches Schicksal zu tragen und zugleich das Kreuz. Von den heute Lebenden würde sie keiner noch einmal vollziehen. Und zugleich soll sie unsere dauernde Schmach und Schande sein, da wir nicht im Stande waren, das Erbe Christi, seine Liebe, unzerrissen zu hüten.“[2] In der Überzeugung, dass es von diesem elementaren Sachverhalt abhängen werde, ob die Kirche noch einmal einen Weg zu den Menschen finden werde, hat Alfred Delp klar gesehen, dass eine fruchtbare Evangelisierung mit dem ökumenischen Bemühen, die in der Geschichte verloren gegangene Einheit der Christen wiederherzustellen, zusammengehen muss.

I. Evangelisierung und Ökumene gehören zusammen.

Mit der Betonung eines engen Zusammenhangs zwischen Evangelisierung und Ökumene hat Pater Delp zum Ausdruck gebracht, was für die Ökumenische Bewegung seit ihrem Beginn wegleitend gewesen ist. Denn die Ökumenische Bewegung hat ihren Ausgang genommen bei der Ersten Weltmissionskonferenz, die im Jahre 1910 im schottischen Edinburgh stattgefunden hat, und ist deshalb von Anfang an auch eine Missionsbewegung gewesen.

1. Missionarische Herausforderung angesichts einer gespaltenen Christenheit

Den an dieser Konferenz Teilnehmenden hat das Ärgernis vor Augen gestanden, dass sich die verschiedenen christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in der Missionsarbeit konkurrenziert und damit der glaubwürdigen Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi vor allem in fremden Kulturen geschadet haben, weil zusammen mit dem Evangelium Jesu Christi auch die europäischen Kirchenspaltungen in andere Kulturen hineingetragen worden sind. Sie sind sich von daher der schmerzlichen Tatsache bewusst geworden, dass die fehlende Einheit unter den Christen das grösste Hindernis für die Weltmission darstellt. Denn ein glaubwürdiges Zeugnis der Christen in der Welt ist nur möglich, wenn die Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften ihre Trennungen im Glauben und im Leben überwinden können.  In Edinburgh hat deshalb vor allem der anglikanische Missionsbischof Charles Brent intensive Bemühungen um die Überwindung jener Differenzen in der Glaubenslehre und in der Theologie der Ordnung der Kirchen gefordert, die ihrer Einheit hinderlich im Wege stehen.

Mit diesen prophetisch zu nennenden Einsichten ist der missionarische Auftrag der Kirche stets deutlicher zu einem wichtigen Thema auf der ökumenischen Traktandenliste geworden. Seit Edinburgh ist das Bewusstsein immer mehr gewachsen, dass die Missionsbewegung und die Ökumenische Bewegung unlösbar zusammengehören und dass sich Mission und Ökumene gegenseitig fordern und fördern, wie Walter Kardinal Kasper mit Recht hervorhebt: „Eine missionarische Kirche muss auch eine ökumenische Kirche sein; eine ökumenisch engagierte Kirche ist die Voraussetzung für eine missionarische Kirche.“[3]

Was über die Zusammengehörigkeit von Mission und Ökumene allgemein zu sagen ist, gilt auch und besonders im Blick auf jene epochale Herausforderung, vor der die Christenheit insgesamt heute steht und die als Neue Evangelisierung bezeichnet wird. Während unter der „Missio ad gentes“ die pastorale Aufgabe verstanden wird, in Kulturen, die bislang ohne Beziehung zum Christentum gewesen sind, dem Evangelium von Jesus Christus erstmals in der Geschichte Lebensraum zu ermöglichen, und die deshalb als Erst-Evangelisierung bezeichnet wird, meint die Neu-Evangelisierung das erneuerte Bemühen der Verkündigung des Evangeliums vor allem in jenen Gesellschaften, die zwar – wie vor allem in Europa – eine während Jahrhunderten christliche Sozialisierung durchlebt, jedoch im Prozess der Neuzeit – im Westen Europas – eine tiefgreifende Säkularisierung oder – im ehemaligen Osten Europas – eine kämpferische Vernichtungskampagne gegen den christlichen Glauben und eine rigorose Unterdrückung der christlichen Kirchen durchgemacht haben.

Wenn man sich diesen grundlegenden Unterschied zwischen Erst-Evangelisierung und Neu-Evangelisierung vor Augen führt[4], wird es sich von selbst verstehen, dass die Neu-Evangelisierung in den säkularisierten Lebenswelten Europas heute in anderer Weise erfolgen muss als die Erst-Evangelisierung. Ein wichtiger Unterschied zeigt sich dabei auch bei der ökumenischen Dimension der Missionsaufgabe: Während die Erst-Evangelisierung im europäischen Kontinent eine Christenheit hervorgebracht hat, die in der einen Kirche zusammengelebt hat, wendet sich die Neu-Evangelisierung an eine Christenheit, die noch immer in voneinander getrennten Kirchen lebt und deshalb nur mit einem ökumenischen Notenschlüssel wahrgenommen werden kann.

2. Symphonie von Evangelisierung und Ökumene

Dieser elementaren Herausforderung hat sich das Zweite Vatikanische Konzil entschieden gestellt, indem es sich auf den theologisch indispensablen missionarischen Auftrag der Kirche zurückbesonnen und sich für die Wiederherstellung der Einheit der Christen eingesetzt hat.[5] Für beide Konzilspäpste ist das ökumenische Anliegen ein wichtiges Leitmotiv auch und gerade der konziliaren Erneuerung der Katholischen Kirche und ihres Selbstverständnisses gewesen, so dass man von einer eigentlichen Wechselwirkung zwischen der ökumenischen Öffnung der Katholischen Kirche und der missionarischen Erneuerung ihrer Ekklesiologie sprechen muss[6]. Bereits zu Beginn der zweiten Sitzungsperiode des Konzils hat Papst Paul VI. in seiner grundsätzlichen Eröffnungsrede hervorgehoben, die ökumenische Annäherung zwischen den getrennten Christen und Kirchen sei eines der zentralen Ziele, gleichsam das geistige Drama, um dessetwillen das Konzil einberufen worden sei[7].

Ganz in dieser Sinnrichtung geht das konziliare Dekret über den Ökumenismus „Unitatis redintegratio“ vom Fundament aller Ökumene aus, dass Christus „eine und einzige Kirche“ gewollt und begründet hat. Diese Glaubensüberzeugung wird sodann mit der geschichtlich gewordenen und auch heute empirisch greifbaren Tatsache konfrontiert, dass es de facto eine Vielzahl von Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften gibt. Da diese alle vor den Menschen den Anspruch erheben, „das wahre Erbe Jesu Christi“ darzustellen, kann der fatale Eindruck entstehen,  „als ob Christus selbst geteilt wäre“. Von daher drängt sich dem Konzil das Urteil auf, dass die Spaltungen in der Kirche „ganz offenbar dem Willen Christi“ widersprechen, ein „Ärgernis für die Welt“ darstellen und ein „Schaden für die heilige Sache der Verkündigung des Evangeliums vor allen Geschöpfen“ sind. Das Ökumenismusdekret hält deshalb bereits in seinem ersten Satz nicht nur als sein Ziel, sondern als Ziel des ganzen Konzils fest: „Die Einheit aller Christen wiederherstellen zu helfen, ist eine der Hauptaufgaben des Heiligen Ökumenischen II. Vatikanischen Konzils.“[8]

Die tiefste Motivation für die ökumenische Verpflichtung erblickt das Konzil dabei in der eschatologischen Dimension der christlichen Mission. Indem in der Dogmatischen Konstitution über die Kirche „Lumen gentium“ in ihrem zweiten Kapitel die Kirche vor allem als Volk Gottes betrachtet wird, das sich zwischen „schon“ und „noch nicht“ auf der irdischen Pilgerschaft befindet, in der Geschichte unterwegs ist und seine missionarische Aufgabe wahrnimmt, wird die Kirche selbst als eschatologische Bewegung verstanden. In diese Dynamik ist auch die Ökumenische Bewegung integriert, und in dieser ist sie mit der Missionsbewegung verbunden. Mission und Ökumene erweisen sich damit als die beiden grundlegenden Gestalten des eschatologischen Weges der Kirche. Und da sich die christliche Mission an die ganze Menschheit adressiert und letztlich auf die Ermöglichung der Einheit der Menschheit zielt, versteht sich die Kirche im Blick auf dieses Ziel als Sakrament des Heils, genauer als „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott und für die Einheit der ganzen Menschheit“[9]. Von daher stellt sich die bedrängende Frage, wie die Kirche Sakrament für die Einheit der ganzen Menschheit sein kann, wenn sie vor der Welt weithin noch immer das peinliche Schauspiel ihrer eigenen Gespaltenheit bietet.

3. Neue Evangelisierung und Einheit der Christen

Die christliche Mission muss folglich einen ökumenischen Notenschlüssel haben, damit ihre Melodie nicht kakophonisch, sondern symphonisch erklingen kann. In dieser Sinnrichtung haben nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil die Päpste, die sich für die ökumenische Suche nach der Wiedergewinnung der Einheit der Christen eingesetzt haben, erneut auch den Missionsauftrag der Kirche vor allem unter der Leitperspektive der Neu-Evangelisierung in die Mitte des kirchlichen Lebens gestellt. Damit haben sie die wichtige Verknüpfung von Mission und Ökumene unterstrichen und die Rezeption des für das Konzil so wichtigen Missionsthemas in bewundernswerter Kontinuität und Konsequenz gefördert.[10]

Anlässlich des zehnten Jahrestags des Abschlusses des Konzils im Jahre 1975 hat Papst Paul VI. sein grossartiges Apostolisches Schreiben „Evangelii nuntiandi“ veröffentlicht, in dem er in der evangelisatorischen Wirksamkeit der Kirche ihre elementarste Identitätsbestimmung sieht: „Evangelisieren ist in der Tat die Gnade und eigentliche Berufung der Kirche, ihre tiefste Identität. Sie ist da, um zu evangelisieren.“[11] In der Spaltung der Christenheit nimmt er aber einen „so schwerwiegenden Umstand“ wahr, „dass dadurch das Werk Christi in Mitleidenschaft gezogen wird“. Und daraus zieht er den Schluss, dass das Schicksal der Evangelisierung  „mit aller Bestimmtheit an das von der Kirche gebotene Zeugnis der Einheit“ gebunden ist: „Als Träger der Evangelisierung dürfen wir den an Christus Glaubenden nicht das Bild von zerstrittenen und durch Fronten getrennten, keineswegs erbaulichen Menschen geben, sondern das Bild von Persönlichkeiten, die im Glauben gereift und fähig sind, einander jenseits aller konkreten Spannungen in der gemeinsamen, aufrichtigen, und lauteren Wahrheitsliebe zu begegnen.“[12] Damit die Kirche in glaubwürdiger Weise ihren Evangelisierungsauftrag wahrnehmen kann, bedarf sie selbst immer wieder der Evangelisierung, zu der auch die Umkehr zur ökumenischen Suche nach der Einheit der Christen gehört.

Papst Johannes Paul II. hat in seinem langen Pontifikat eine umfassende Neu-Evangelisierung als pastoralen Weg der Kirche in die Zukunft angeregt und im ökumenischen Bemühen eine seiner pastoralen Prioritäten gesehen. Er ist überzeugt gewesen, dass die Spaltungen unter den Christen im Widerspruch zu jener Wahrheit stehen, die zu verbreiten sie beauftragt sind, und dass deshalb die Spaltungen das schwerste Hindernis für die Verkündigung des Evangeliums darstellen. Die Ökumene ist deshalb nicht nur eine interne Frage der christlichen Gemeinschaften; sie betrifft vielmehr „die Liebe, die Gott in Jesus Christus der ganzen Menschheit zugedacht hat; und diese Liebe behindern bedeutet eine Beleidigung für ihn und seinen Plan, alle in Christus zusammenzuführen“[13]. In diesem evangelischen Licht hat er die besondere ökumenische Herausforderung darin gesehen, dass nach dem ersten Jahrtausend der Christentumsgeschichte, das die Zeit der ungeteilten Kirche gewesen ist, und nach dem zweiten Jahrtausend, das im Osten wie im Westen zu tiefen Spaltungen in der Kirche geführt hat, das dritte Jahrtausend die grosse Aufgabe zu bewältigen haben wird, die verloren gegangene Einheit der Christen wiederherzustellen.

Papst Benedikt XVI. hat die Aufgabe der Neu-Evangelisierung darin wahrgenommen, „der Welt das Zeugnis von Jesus Christus zu bringen und Sauerteig der Liebe Gottes unter den anderen zu sein“[14]. Im Jahre des Gedenkens an hundert Jahre Weltmissionskonferenz in Edinburgh hat er in der Römischen Kurie einen eigenen Rat zur Förderung der Neuevangelisierung errichtet und dabei betont, dass diese Herausforderung die „universale Kirche auf den Plan“ ruft und es erforderlich macht, „dass wir mit aller Kraft fortfahren, nach der vollen Einheit unter den Christen zu suchen“[15]. Denn die ökumenische Einheit erweist sich als „ein bevorzugtes Mittel, gleichsam eine Voraussetzung, um denjenigen den Glauben immer glaubwürdiger verkünden zu können, die den Erlöser noch nicht kennen, oder die, obwohl sie die Verkündigung des Evangeliums empfangen haben, dieses kostbare Geschenk so gut wie vergessen haben“[16].

Mit seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“ will Papst Franziskus die Christgläubigen zu „einer neuen Etappe der Evangelisierung“ einladen[17], die von einer missionarischen Freude geprägt ist, und eine „missionarische Umgestaltung der Kirche“ zu einer „Kirche im Aufbruch wahrnehmen“[18], zu der auch die ökumenische Gemeinschaft in Zeugnis und Dienst gehört. Denn er ist überzeugt, dass die Glaubwürdigkeit der christlichen Verkündigung sehr viel grösser wäre, „wenn die Christen ihre Spaltungen überwinden würden“[19], die der Verkündigung des Evangeliums Schaden zufügen: „Angesichts der Gewichtigkeit, die das Negativ-Zeugnis der Spaltung unter den Christen besonders in Asien und Afrika hat, wird die Suche nach Wegen der Einheit dringend. Die Missionare in jenen Kontinenten sprechen immer wieder von Kritiken, Klagen und dem Spott, der ihnen aufgrund des Skandals der Spaltungen unter den Christen begegnet.“ In den Augen von Papst Franziskus ist von daher der „Einsatz für eine Einheit, die die Aufnahme Jesu Christi erleichtert, nicht länger blosse Diplomatie oder eine erzwungene Pflichterfüllung und verwandelt sich in einen unumgänglichen Weg der Evangelisierung“[20].

Die Päpste nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil haben dessen enge Verknüpfung von Evangelisierung und ökumenischer Suche nach der Wiederherstellung der Einheit der Kirche, die für die Ökumenische Bewegung als Missionsbewegung charakteristisch ist, in den Mittelpunkt der kirchlichen Aufmerksamkeit gestellt.[21] Diese Verbindung ist freilich so alt wie das Christentum selbst und geht bis in den Abendmahlssaal zurück, in dem Jesus vor seinem Leiden und Sterben um die Einheit seiner Jünger mit der besonderen Intention gebetet hat: „damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und die Menschen ebenso geliebt hast wie mich“ (Joh 17, 23). In diesem Finalsatz in der Bitte des Herrn bringt der Evangelist Johannes zum Ausdruck, dass die Einheit unter den Jüngern kein Selbstzweck sein kann, sondern im Dienst einer überzeugenden Verkündigung des Evangeliums steht und die unerlässliche Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft darstellt. Die Zielsetzung der Einheitsbitte besteht, wie Papst Benedikt XVI. in seiner Auslegung des Hohepriesterlichen Gebetes Jesu hervorhebt, darin, dass durch die Einheit der Jünger für die Menschen „die Wahrheit seiner Sendung sichtbar“ und Jesus „selbst legitimiert“ wird: „Es wird sichtbar, dass er wirklich der <Sohn> ist.“[22]

II. Neuevangelisierung mit ökumenischem Notenschlüssel

Die Einsicht in die unlösbare Zusammengehörigkeit von Evangelisierung und ökumenischer Verantwortung lässt sich auch in einem Rückblick in die Geschichte, konkret auf die Kirchenspaltungen im Reformationszeitalter, bestätigen. Über sie hat der katholische Kirchenhistoriker und Ökumeniker Joseph Lortz, der sich über die geschichtliche Aufarbeitung von Reformation und Kirchenspaltung vor allem in Deutschland verdient gemacht hat[23], bereits im Jahre 1950 und damit in der unmittelbaren Nachkriegszeit dieses Urteil gefällt: „Durch die Spaltung der Christenheit hat die Überzeugungsmächtigkeit der christlichen Verkündigung entscheidend gelitten.“[24]

1. Neuzeitliche Säkularisierung als Folge der Kirchenspaltung

Hinter diesem Urteil steht die berechtigte Überzeugung von Lortz, dass Europa auf der einen Seite seine tiefsten Wurzeln im Christentum hat, und zwar in dem präzisen Sinn, dass die Völker des europäischen Kontinents erst durch das Christentum zu einer kulturellen Einheit zusammengewachsen sind, dass Europa auf der anderen Seite heute aber in bedrohlicher Weise vom Christentum entfremdet ist, so dass Lortz mit den wachen Augen eines Historikers bereits damals seine Zeitdiagnose mit den Worten zum Ausdruck bringen konnte: „Das sogenannte christliche Abendland ist tatsächlich seit langem entchristlicht. Es ist sogar ein apostasiertes Abendland. Zuverlässige Statistiken aller Länder sprechen hier eine erschütternde Sprache. Wir sehen nur meist die Wirklichkeit nicht nackt genug. Wir sehen im allgemeinen zuwenig, in welch erschütterndem Masse die christliche Substanz vernichtet, das christliche Leben verschwunden ist aus den Formen des privaten und öffentlichen Lebens, die noch aus christlicheren Jahrhunderten stammen.“ Unter allen Faktoren, die zu dieser Entchristlichung geführt haben, ist nach Lortz keine Einzelursache „so wichtig wie die Reformation“, genauer „die von der Reformation verursachte Zerspaltung der Christenheit“ [25].

Lortz ist sich dabei im Klaren gewesen, dass die Reformation „nicht nur Spaltung“, sondern „viel mehr“ gewesen ist, dass sie aber „wesentlich auch Spaltung“ gewesen ist[26]. Lortz ist sich zudem auch dessen bewusst gewesen, dass die Spaltung der Christenheit das Gegenteil dessen darstellt, was die Reformation ursprünglich intendiert hat: „Die Reformation erstrebte eine Reform an Haupt und Gliedern der einen, allen Christen gemeinsamen Kirche. Das wurde nicht erreicht; es kam der Riss, der die Kirche und die Christenheit aufspaltete. Der sicher zentrale Auftrag der Kirche wurde nicht eingelöst.“[27] Und Lortz hat den Wunsch hinzugefügt „Dies muss in das Bewusstsein der evangelischen Christen tief und tiefer eindringen.“[28] Es ist von daher als erfreuliche Tatsache zu würdigen, dass diese Überzeugung in der jüngeren Vergangenheit vor allem vom evangelischen Ökumeniker Wolfhart Pannenberg geteilt und wach gehalten wird: „Die Reformation muss, angesichts ihres Scheiterns im 16. Jahrhundert und angesichts eines jahrhundertelangen fahrlässigen Laufenlassens der Folgen ihres Scheiterns, immer noch vollendet werden. Die Vollendung der Reformation aber erfordert die Wiederherstellung der christlichen Einheit.“[29]

Mit der grundlegenden Erkenntnis, dass es der Reformation ursprünglich um eine umfassende Erneuerung der ganzen Kirche und nicht um die Gründung von neuen Kirchen gegangen ist, dass ihr nichts ferner gelegen hat als die „Abtrennung evangelischer Sonderkirchen von der einen katholischen Kirche“ und dass folglich die Entstehung besonderer evangelischer und reformierter Kirchen „nicht das Gelingen, sondern das Scheitern der Reformation“ zum Ausdruck bringt[30], hat Wolfhart Pannenberg – ganz im Geist von Lortz - auch immer wieder darauf hingewiesen, dass die neuzeitliche Säkularisierung, nämlich der Prozess der Entkleidung des christlichen Glaubens von seiner Sendung für den gesellschaftlichen Frieden im Sinne der Grundlegung, Erhaltung und Erneuerung der gesellschaftlichen Lebensordnung, als zwar ungewollte und unbeabsichtigte, aber tragische Folgewirkung der abendländischen Kirchenspaltungen im 16. Jahrhundert zu verstehen ist. Denn die Emanzipation der neuzeitlichen Kulturwelt zunächst von den Gegensätzen der unter sich zerstrittenen Konfessionskirchen und letztlich vom Christentum überhaupt muss als Ergebnis und Erschöpfungsende der Kirchenspaltungen und der anschliessenden blutigen Konfessionskriege des 16. und 17. Jahrhunderts, besonders des Dreissigjährigen Krieges, der Europa in ein rotes Meer von Blut verwandelt hat, beurteilt werden. Weil in deren tragischen Folge das Christentum historisch nur noch greifbar gewesen ist in der Gestalt der verschiedenen Konfessionen, die einander bis aufs Blut bekämpft haben, musste diese historische Konstellation zur unvermeidlichen Konsequenz haben, dass der konfessionelle Friede um den für das Christentum teuren Preis erkauft werden musste, dass von den konfessionellen Differenzen und – in Fernwirkung - vom Christentum überhaupt abgesehen wurde, um dem gesellschaftlichen Frieden eine neue Basis geben zu können.

Die Ausklammerung der konfessionell strittigen Religionsfragen bei der notwendig gewordenen Neubegründung des gesellschaftlichen Zusammenlebens ist schliesslich zur historischen Legitimation für die Propagierung der religiösen Neutralität der modernen Staaten geworden, wie Wolfhart Pannenberg mit Recht und wiederum mit Lortz diagnostiziert: „Wo die Säkularisierung der Neuzeit die Form einer Entfremdung vom Christentum angenommen hat, da ist das nicht als ein äusserliches Schicksal über die Kirchen gekommen, sondern als die Folgen ihrer eigenen Sünden gegen die Einheit, als Folge der Kirchenspaltung des 16. Jahrhunderts und der unentschiedenen Religionskriege des 16. und 17. Jahrhunderts, die den Menschen in konfessionell gemischten Territorien keine andere Wahl liessen, als ihr Zusammenleben auf einer von den konfessionellen Gegensätzen unberührten gemeinsamen Grundlage neu aufzubauen.“[31]

2. Ökumenische Einheit im Dienst glaubwürdiger Evangelisierung

Als Christen in Europa dürfen wir aus unserem historischen Gedächtnis die Tatsache nicht verdrängen, dass die neuzeitliche Erklärung des christlichen Glaubens zur reinen Privatsache des einzelnen Menschen und die Abdrängung der Religion aus der gesellschaftlichen Öffentlichkeit in einer tragischen Weise von der Christenheit selbst verschuldet worden ist, dass es sich somit, wie der katholische Theologe Johann B. Metz mit Recht betont hat, um eine „sozusagen <hausgemachte> Privatisierung des Christentums“ handelt[32]. Dieses Urteil impliziert in umgekehrter Sinnrichtung, dass die Wiedergewinnung einer öffentlichen Sendung des Christentums die Überwindung der ererbten Spaltungen in einer wiedergefundenen Einheit der Christen voraussetzt und dass die Reformation im 16. Jahrhundert zumindest unvollendet geblieben ist und es weiter bleiben muss, bis die Einheit der im Geist des Evangeliums erneuerten Kirche wiederhergestellt sein wird. Insofern es bei der Ökumenischen Bewegung um das – freilich verspätete – Gelingen der Reformation selbst geht, wird unübersehbar deutlich, was alles mit der Ökumene für eine heute notwendig gewordene Neuevangelisierung auf dem Spiel steht, und zwar nicht nur im Blick auf die Glaubwürdigkeit der einzelnen Kirchen, sondern auch und vor allem im Blick auf die Authentizität des Christentums insgesamt in unseren neuzeitlichen Gesellschaften.

Wenn die neuzeitliche Privatisierung der Religion wesentlich in den Kirchenspaltungen als dem Scheitern der Reformation begründet ist, wird das Christentum in Europa nur dann wieder eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung erlangen können, wenn das Scheitern der Reformation überwunden sein wird. Der ökumenische Prozess der Überwindung der Kirchenspaltungen kann folglich nicht ohne Konsequenzen für das Verhältnis der säkularen Kultur der Moderne zum Thema der Religion überhaupt und des Christentums im Besonderen sein. Die Gründe, die in historischer Sicht zur Abwendung der modernen Kultur von der Religion und der christlichen Kirche geführt haben, können jedenfalls gegenüber einer Gestalt des Christentums, das die Spaltungen überwunden haben wird, nicht mehr geltend gemacht werden.[33] Mit Recht hatte ja bereits auch Joseph Lortz hervorgehoben, dass die Wiedergewinnung der Überzeugungsmächtigkeit der christlichen Verkündigung“ die „Unio der christlichen Konfessionen, und zunächst die Vorbereitung dieser Unio“ zur elementaren Vorbedingung hat[34].

Die Einsicht in die historisch komplexen Hintergründe des Zusammenhangs von Evangelisierung und Ökumene muss für das europäische Christentum vor allem bedeuten, dass es erst durch die Überwindung seiner Spaltungen in der Lage sein wird, „dem Säkularismus gegenüber glaubwürdig die Wahrheit der Religion geltend zu machen“[35], und zwar in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit von heute. Denn der Öffentlichkeitsanspruch des christlichen Glaubens ergibt sich dabei aus dem Evangelium von selbst, weil in seinem Mittelpunkt die Botschaft von Gott steht, die kein Privatbesitz der Kirchen ist, sondern alle Menschen angeht. Es ist deshalb ein vordringliches Gebot der gegenwärtigen ökumenischen Stunde, dass sich die christlichen Kirchen in ökumenischer Gemeinschaft auf ihren missionarischen Auftrag zurückbesinnen[36].

Dass beide Anliegen, die Mission und die Ökumene, schicksalhaft miteinander verknüpft sind, kann man auch an der Beobachtung ablesen, dass auf der einen Seite überall dort, wo der missionarische Elan zu erlahmen droht,  auch das ursprünglich feurige Ringen um die Wiedergewinnung der Einheit der Christen auf Sparflamme gesetzt ist, und dass auf der anderen Seite dort, wo man sich mit dem Ärgernis der weiterbestehenden Kirchenspaltung abgefunden hat oder sie gar nicht mehr als Ärgernis wahrnimmt, auch nicht mehr besondere missionarische Anstrengungen unternommen werden. Dies bedeutet in positiver Sinnrichtung, dass die Neue Evangelisierung heute nur gelingen kann, wenn sie in ökumenischer Verantwortung wahrgenommen und realisiert und wenn folglich das ursprüngliche Ziel der Ökumenischen Bewegung revitalisiert wird, nämlich die sichtbare Einheit unter den Christen wiederzufinden. Nur wenn die Christen und Kirchen in ökumenischem Geist zusammenwirken, können sie der heutigen Welt die Frohe Botschaft in glaubwürdiger Weise verkünden.

3. Ökumenische Neuevangelisierung in Wort und Tat

Um besser wahrnehmen zu können, wie diese gemeinsame Verantwortung von Mission und Ökumene vollzogen werden kann, legt sich nochmals ein kurzer Rückblick auf die Anfänge der Ökumenischen Bewegung nahe. Denn von der Missionskonferenz in Edinburgh im Jahre 1910 sind zwei weitere Bewegungen ausgegangen, die die Ökumene bis auf den heutigen Tag begleiten[37]:

Die erste ist die „Bewegung für praktisches Christentum“ mit dem Namen „Life and Work“. Sie ist im Jahre 1914 in Konstanz gegründet worden und hat sich zum Ziel gesetzt, eine intensive ökumenische Zusammenarbeit bei der Bewältigung der grossen gesellschaftlichen Herausforderungen in Gang zu bringen, wobei damals das Bemühen um Verständigung und Frieden unter den Völkern im Vordergrund gestanden hat. Das Anliegen dieser Bewegung hat vor allem darin bestanden, sowohl bei der Lösung von sozialen Problemen mitzuwirken als auch den politischen Einheitsbestrebungen der damaligen Welt – wie beispielsweise dem Völkerbund – eine „christliche Seele“ zu geben, und zwar in der Überzeugung, dass in einer von Spannungen, Konflikten und Kriegen bedrohten Welt die Christen in ökumenischer Gemeinschaft handeln müssen.

Von Edinburgh leitet sich auch der zweite Zweig der Ökumenischen Bewegung ab, nämlich „Faith and Order“, die „Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung“, die im Jahre 1948 zu einer eigenständigen Kommission im Ökumenischen Weltrat der Kirchen geworden ist. Denn nach Edinburgh ist stets deutlicher bewusst geworden, dass die praktischen Zielsetzungen der ökumenischen Zusammenarbeit nur verwirklicht werden können, wenn sich die Kirchen zunächst über die trennenden Probleme der Glaubenslehre und über die theologisch relevanten Verfassungsfragen der Kirchen verständigen können. Bei diesem Zweig der Ökumenischen Bewegung stehen folglich die Suche nach der sichtbaren Einheit der Kirche und deshalb die Suche nach der Einheit im Glauben im Vordergrund.

Die drei genannten Bewegungen repräsentieren, wie bereits die Namen signalisieren, unterschiedliche Herausforderungen in der Ökumene und bei der Evangelisierung: „Faith and Order“ beschäftigt sich mit den spezifisch theologischen Glaubensfragen, um die Suche nach der Einheit der Kirche im Bekenntnis des einen Glaubens, in der Gemeinschaft im Gottesdienst  und in den Sakramenten, in der Kirchenverfassung und im Amt voranzubringen. „Life and Work“ nimmt sich der säkularen Herausforderungen in der Ökumene an, indem sie sich auf das Zusammenwirken der Kirchen im Dienst an der Welt konzentriert. Und der Missionsbewegung geht es vor allem um das gemeinsame Zeugnis der Christen in und vor der Welt.

In diesen drei Bewegungen ist die Ökumene in der Geschichte stets vorangeschritten, und in diesen drei Bewegungen muss sie sich auch in der Gegenwart vollziehen und in die Zukunft vorangehen. Denn auf der einen Seite muss sich die geistlich-theologische Ökumene angesichts der säkularen Herausforderungen der jeweiligen Zeit immer wieder bewähren. Auf der anderen Seite braucht die säkulare und sozialethisch orientierte Ökumene die geistlich-theologische Ökumene, um ihre christliche Identität bewahren zu können. Beide jedoch stehen im Dienst einer glaubwürdigen Evangelisierung auch heute.

III. Kerninhalte einer heute notwendigen Neuevangelisierung

Im Licht der unlösbaren Zusammengehörigkeit von Mission und Ökumene kann in einem weiteren Schritt nach der Sinnrichtung der Neuevangelisierung heute und ihren vordringlichen Inhalten gefragt werden.[38] Dabei legt es sich nahe, beim Elementarsten zu beginnen, nämlich beim Evangelium. Denn es bedeutet, dass Gott nicht schweigt, sondern gesprochen hat und auch heute spricht. Die Neue Evangelisierung wird im Kern darin bestehen, die Menschen, zumal in den heutigen säkularisierten Gesellschaften, zum Gottesgeheimnis hinzuführen und sie in eine persönliche Gottesbeziehung hinein zu begleiten, und zwar in der Überzeugung, dass derjenige dem Menschen nicht genug gibt, der ihm Gott nicht gibt, auch wenn er ihm ansonsten viel darreicht. Das ökumenische Zusammenwirken muss heute in erster Linie darauf gerichtet sein, Gott zu bezeugen in einer Welt, die sich damit schwer tut, ihn zu finden. Im Mittelpunkt allen ökumenischen Bemühens um die Neuevangelisierung wird deshalb die Frage nach Gott stehen, wie dies Papst Benedikt XVI. immer wieder als besondere Priorität hervorgehoben hat: „In unserer Zeit, in der der Glaube in weiten Teilen der Welt zu verlöschen droht wie eine Flamme, die keine Nahrung mehr findet, ist die allererste Priorität, Gott gegenwärtig zu machen in dieser Welt und den Menschen den Zugang zu Gott zu öffnen. Nicht zu irgendeinem Gott, sondern zu dem Gott, der am Sinai gesprochen hat; zu dem Gott, dessen Gesicht wir in der Liebe bis zum Ende (Joh 13, 1) – im gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus erkennen… Die Menschen zu Gott, dem in der Bibel sprechenden Gott zu führen, ist die oberste und grundlegende Priorität der Kirche und des Petrusnachfolgers in dieser Zeit.“[39] Damit ist der innerste Kern der Neuen Evangelisierung umschrieben, der im Folgenden mit einigen Hinweisen noch etwas konkretisiert werden soll.

1. Das Gottesbewusstsein in der säkularen Gesellschaft wach halten

Allen Christen und christlichen Kirchen gemeinsam ist in erster Linie der Glaube an den Dreieinen Gott. Gemeinsam ist ihnen freilich auch die Wahrnehmung, dass sich die heutige Zeit nicht durch eine intensive Gott-Suche auszeichnet, sondern eher durch eine Gottvergessenheit. Denn in der heutigen gesellschaftlichen Öffentlichkeit wird Gott oft als fremd oder überflüssig empfunden und leiden wir unter einer gewissen Schwerhörigkeit oder gar Taubheit gegenüber Gott. Die Glaubenskrise, die wir in der heutigen Gesellschaft und auch Kirche erleben, findet ihre radikalste Zuspitzung in der Krise des Gottesglaubens. Sie besteht im weitgehenden Verblassen des biblisch-christlichen Bildes Gottes als eines in der Geschichte gegenwärtigen und handelnden Gottes. In dieser Krise des Gottesgedankens kommt zum Ausdruck, dass sich viele Menschen weithin Gott nicht mehr vorstellen können, der sich um den einzelnen Menschen kümmert und überhaupt in der Welt handelt. In dieser Gotteskrise wird handgreiflich, dass sich der seit der europäischen Aufklärung aufgekommene Deismus praktisch im allgemeinen Bewusstsein durchgesetzt hat.

Dass in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit das Bewusstsein von der Gegenwart Gottes schwach geworden ist, kann am deutlichsten an einem gebrochenen oder zumindest ungeklärten Verhältnis zum Phänomen des Religiösen überhaupt abgelesen werden. In den heutigen europäischen Gesellschaften sind starke Tendenzen zu diagnostizieren, die Religion als einen gesellschaftlich irrelevanten oder gar störenden Faktor an den Rand des gesellschaftlichen Lebens abzudrängen. Solche Tendenzen haben einen deutlichen Ausdruck vor allem darin gefunden, dass in der Präambel des Reformvertrags der Europäischen Union sowohl ein Gottesbezug als auch eine anerkennende Nennung des christlichen Erbes in der europäischen Geschichte unterbleiben mussten. Bereits die langen Diskussionen über die so genannte Charta der Europäischen Union haben es an den Tag gebracht, dass die öffentliche Erwähnung Gottes in Europa nicht mehr mehrheitsfähig ist. Damit ist sichtbar geworden, dass Europa seit einiger Zeit ein ebenso einmaliges wie schwieriges historisches Experiment unternommen hat, hinsichtlich dessen niemand voraussagen kann, wie es ausgehen wird. Denn der Versuch Europas, Gesellschaften und eine Gemeinschaft von Staaten zu bauen, die von einem religiösen Fundament prinzipiell absehen, stellt so sehr ein kulturgeschichtliches Novum dar, dass sich einem das Urteil aufdrängt, Europa sei in der heutigen Welt der einzig wirklich säkularisierte Kontinent.[40]

Zugleich stellt sich aber unaufschiebbar die Frage, ob die neuzeitliche Säkularisierung wirklich zu säkularen Gesellschaften geführt hat, oder ob nicht gerade die Säkularität immer wieder in der Gefahr steht, neuen heimlichen und unheimlichen Götterdämmerungen zu verfallen, die im persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Leben immer dann auftreten können, wenn irdische und weltliche Wirklichkeiten an die Stelle Gottes gesetzt und damit vergötzt werden. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die schlimmsten Untaten immer dann geschehen sind, wenn irdische Wirklichkeiten wie Blut und Boden, Nation oder Parteidoktrin die Stelle der Religion einnehmen und damit furchtbar vergötzt werden. Es muss bleibend zu denken geben, dass die schrecklichsten Massenmorde in der so genannten aufgeklärten europäischen Neuzeit im Namen von antichristlichen und neuheidnischen Ideologien wie des Nationalsozialismus und des Stalinismus verübt worden sind.[41] Das zwanzigste Jahrhundert hat jedenfalls den Basalsatz des christlichen Glaubens mehr als bestätigt, dass Humanität, die nicht in der Divinität begründet ist, nur allzu schnell in Bestialität umschlägt.

Angesichts dieser schrecklichen Erfahrungen ist die christliche Ökumene in die Pflicht genommen, immer wieder bewusst zu machen, dass die notwendige Abwehr von solchen bedrohlichen Vergötzungen die öffentliche Erwähnung Gottes und das Bewusstsein von der Verantwortung aller Menschen vor Gott, und zwar im persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Leben, voraussetzt. Denn ohne ein transzendentes Fundament wie die öffentliche Beziehung zum Schöpfergott laufen wir in der heutigen Gesellschaft Gefahr, zur Beute von schädlichen Ideologien zu werden. Im Mittelpunkt der notwendigen Neuevangelisierung, die aber nur in ökumenischer Gemeinschaft wahrgenommen werden kann, muss das Zeugnis von der Zentralität der Gottesfrage stehen.

Im Blick auf die in unserer Gesellschaft feststellbare Krise des Gottesglaubens ist die christliche Ökumene herausgefordert, die elementarste Lektion des christlichen Glaubens neu zu buchstabieren, dass das Christentum in seinem innersten Kern Glaube an Gott und das Leben einer persönlichen Gottesbeziehung ist und dass alles Andere daraus folgt. Insofern klopft die Gottesfrage energisch an die ökumenischen Kirchentüren.[42] Mit Recht hat Papst Benedikt XVI. in der Zentralität der Gottesfrage die grösste gemeinsame Herausforderung an die Ökumene wahrgenommen, wenn er im ökumenischen Gottesdienst in Erfurt im Jahre 2011 unter Erwähnung der besonderen Bedeutung der leidenschaftlichen Gottsuche des Reformators Martin Luther hervorgehoben hat: „Der Mensch ist auf Gott hin erschaffen und braucht ihn. Unser erster ökumenischer Dienst in dieser Zeit muss es sein, gemeinsam die Gegenwart des lebendigen Gottes zu bezeugen und damit der Welt die Antwort zu geben, die sie braucht.“[43]

2. Gott mit dem menschlichem Antlitz verkünden

Zu diesem ökumenischen Zeugnis für die Gegenwart Gottes in der heutigen Welt gehört ganz zentral auch das Zeugnis für Jesus Christus, der wahrer Mensch und wahrer Gott ist. In diesem Zeugnis findet die ökumenische Gemeinschaft auch die überzeugendste Antwort auf den in der heutigen Mentalität wirksamen Deismus. Denn nur in der Person Jesus Christus tritt Gott ganz konkret vor unsere Augen. Für den christlichen Glauben ist Gott nicht ein weltferner Gott und auch nicht einfach eine philosophische Hypothese über den Ursprung des Kosmos, sondern Gott, der uns sein Gesicht gezeigt, uns angeredet hat und in Jesus Christus Mensch geworden ist. Der christliche Glaube steht oder fällt mit der Überzeugung, dass uns in der Menschwerdung des göttlichen Logos die Wahrheit, die Gott selbst ist, als Person begegnet. Die Menschwerdung des göttlichen Logos ist das Zentraldogma des christlichen Credo und muss deshalb auch in der Mitte der ökumenischen Neuevangelisierung stehen.

Die Revitalisierung der christozentrischen Verkündigung drängt sich auch deshalb auf, weil in der heutigen Gesellschaft und Kirche die Versuchung gross geworden ist, Jesus Christus, den Sohn Gottes, auf den historischen Jesus und damit auf einen reinen Menschen zu reduzieren. Die durchschnittliche Einstellung des heutigen Menschen und selbst von nicht wenigen Christen besteht darin, dass sie sich vor allem berühren lassen von allen menschlichen Dimensionen an Jesus von Nazareth, dass ihnen aber das Glaubensbekenntnis, dass Jesus Christus der eingeborene Sohn Gottes ist, der als der Auferweckte in der Person des Heiligen Geistes unter uns gegenwärtig ist, und insofern der kirchliche Christusglaube weithin Mühe bereiten. Selbst in der Kirche und in der Ökumene will es heute oft nicht mehr gelingen, im Menschen Jesus das Antlitz des Sohnes Gottes wahrzunehmen und nicht einfach einen – wenn auch besonders guten und hervorragenden – Menschen zu sehen. Damit allerdings wird der christliche Glaube aus seinen Angeln gehoben: Wenn Jesus, wie heute viele annehmen, nur ein geschichtlicher Mensch vor zweitausend Jahren gewesen wäre, dann wäre er unwiderruflich in die Vergangenheit zurück getreten, und nur unser fernes Erinnern könnte ihn dann mehr oder weniger deutlich in unsere Gegenwart hinein bringen. Nur wenn der christliche Glaube wahr ist, dass Gott selbst Mensch geworden ist und Jesus Christus wahrer Mensch und wahrer Gott ist und so Anteil hat an der ewigen Gegenwart Gottes, die alle Zeiten umgreift, kann Jesus Christus nicht nur gestern, sondern auch heute die Wahrheit Gottes und der Erlöser der Menschen sein.

Für die Neuevangelisierung ergibt sich gerade in ökumenischer Sicht jene Priorität, die Kardinal Walter Kasper als „christologische Konzentration“ bezeichnet hat[44] und die in ökumenischer Gemeinschaft zu vollziehen uns im Jahre 2025 in besonderer Weise nahe gelegt wird. Denn in diesem Jahr wird die gesamte Christenheit den 1700. Jahrestag des Ersten Ökumenischen Konzils in der Geschichte der Kirche begehen, das im Jahre 325 in Nicaea gefeiert worden ist und das Glaubensbekenntnis verkündet hat, dass Jesus Christus als Sohn Gottes „wesensgleich mit dem Vater“ ist. Das Gedenken an dieses Konzil ist deshalb in seiner ökumenischen Bedeutung nicht zu unterschätzen, zumal es in jenem Zeitraum stattgefunden hat, in dem die Kirche noch nicht von den zahlreichen späteren Spaltungen verwundet gewesen ist.[45]

Insofern ist das christologische Bekenntnis dieses Konzils auch heute allen christlichen Kirchen und christlichen Gemeinschaften gemeinsam; und darin liegt die besondere ökumenische Chance dieses Jubiläums. Denn für die ökumenische Wiedergewinnung der Einheit der Kirche ist die Übereinstimmung im wesentlichen Inhalt des Glaubens erforderlich, und zwar nicht nur zwischen den in der Gegenwart bestehenden Kirchen, sondern auch die Übereinstimmung mit der Kirche der Vergangenheit und vor allem mit ihrem apostolischen Ursprung. Dass Einheit nur im Glauben möglich ist, zeigt sich in besonderer Weise bei der Taufe, in der jedem neuen Glied des Leibes Christi der Apostolische Glaube übergeben und anvertraut wird. Das 1700-Jahr-Jubiläum im Jahre 2025 wird deshalb eine günstige Gelegenheit sein, dieses Konzils in ökumenischer Gemeinschaft zu gedenken und sich seines christologischen Bekenntnisses erneut zu vergewissern, das im Mittelpunkt der heutigen Neuevangelisierung stehen muss.

3. Die Menschenwürde im Gottesgeheimnis einbergen

Zentralität der Gottesfrage und christozentrische Verkündigung sind die elementaren Perspektiven der Neuen Evangelisierung auch und gerade in ökumenischer Sicht; und sie fliessen zusammen in der Verlebendigung der christlichen Hoffnung auf das ewige Leben. Denn die christliche Evangelisierung zielt auf das ewige Heil des Menschen, und zwar in der Überzeugung, dass das ewige Leben das wahre Leben ist und dass folglich nur wenn das Mass des menschlichen Lebens die Ewigkeit ist, auch sein irdisches Leben gross und unendlich wertvoll ist.[46]

Damit kommt die Grundannahme des christlichen Glaubens an den Tag, dass die Vertiefung der Inhalte der Evangelisierung dem Menschen, seiner Würde und seinem Leben zugute kommt. Dieser Zusammenhang zeigt sich bereits am Sachverhalt, dass die radikale Krise des Gottesgedankens, von der unsere säkularisierten Gesellschaften befallen sind, mit einer inhärenten Logik eine ebenso gefährliche Krise des menschlichen Selbstverständnisses nach sich zieht und dass dem von Friedrich Nietzsche in Europa proklamierten „Tod Gottes“ der „Tod des Menschen“ auf der Spur zu folgen droht. Denn wo Gott aus dem gesellschaftlichen Leben verabschiedet wird, besteht höchste Gefahr, dass auch die Würde des Menschen mit Füssen getreten wird. Auf diesen Schicksalszusammenhang hat der katholische Theologe Johann B. Metz mit Recht immer wieder seinen warnenden Finger gelegt: „War es nicht dieses späte Europa, in dem erstmals in der Welt der <Tod Gottes> öffentlich verkündet wurde? Und ist es nicht dieses Europa, in dem wir seit geraumer Zeit auch auf den <Tod des Menschen>, so wie wir ihn aus unserer bisherigen Geschichte kennen, vorbereitet werden?“[47] Die dominierenden Prozesse der europäischen Neuzeit sind insofern Säkularisierungsprozesse nicht nur im Sinne von „Prozessen der gesellschaftlichen Entmächtigung und Auflösung von Religion“, sondern immer mehr auch „Prozesse der Entmächtigung und Auflösung des Menschen, wie er uns bisher vertraut und anvertraut war“[48].

Auch in geschichtlicher Sicht dürfte damit evident sein, dass das Verschweigen Gottes in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit dem Menschen keineswegs zugute kommt. Wenn nämlich gemäss biblischer Überzeugung der Mensch das unantastbare Ebenbild Gottes ist, dann nagt das Verdrängen des Gottesbewusstseins in der heutigen gesellschaftlichen Öffentlichkeit in einer gefährlichen Weise auch an der Würde des menschlichen Lebens. Die Symptome dieser Gefährdung sind in den heutigen Gesellschaften mit Händen zu greifen: Vor allem am Ende des menschlichen Lebens wie an seinem Beginn ist ein gewaltiges Zerbrechen der Ehrfurcht vor dem Leben festzustellen, das mit der Abdrängung des Gottesbewusstseins aus der gesellschaftlichen Öffentlichkeit unmittelbar zusammenhängt. Das zweifellos deutlichste Symptom dieser Gefährdung des Menschen und seiner Würde muss man dabei im Ungleichgewicht zwischen dem moralisch-rechtlichen Schutz von Sachen und demjenigen des menschlichen Lebens diagnostizieren. Der Schutz von Sachen ist in den heutigen Gesellschaften erheblich eindeutiger geregelt als der Schutz des menschlichen Lebens in seinen verschiedenen Phasen und vielfältigen Variationen. Um nur ein eklatantes Beispiel zu nennen: Besser als die Ungeborenen und Sterbenden sind die Autos geschützt, so dass man dem Urteil des Pastoraltheologen Paul M. Zulehner wohl zustimmen muss, wenn er zu bedenken gibt, man müsste in der heutigen Gesellschaft das Glück haben, „als Auto zur Welt zu kommen“ [49].

Angesichts dieser grossen ethischen Herausforderungen und vor allem angesichts jener anthropologischen Revolution, die mit den rasanten Entwicklungen bei den biomedizinischen Forschungen gegeben ist, muss die Neuevangelisierung in ökumenischer Gemeinschaft darin bestehen, den lebendigen Gott zu verkünden, den Menschen das Gottesgeheimnis als bergendes Obdach nahezubringen und sich für das Gottesrecht des Menschen auf Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod gelegen oder ungelegen stark zu machen. Denn die christliche Ökumene ist verpflichtet, in den gesellschaftlichen Diskussionen ihre Überzeugung einzubringen, dass eine wirklich tragfähige Fundierung der Personwürde des Menschen und der sie charakterisierenden Unantastbarkeit und Unveräusserlichkeit ohne Transzendenzbezug nicht möglich ist, wie vor allem der evangelische Ökumeniker Wolfhart Pannenberg entschieden betont hat: Die Personwürde „gilt dann, weil in der Bestimmung des Menschen begründet und nicht in irgendwelchen vorfindlichen Merkmalen auch für die Menschen, die den Gebrauch ihrer Vernunft noch nicht oder nicht mehr haben. Die Ausstattung des Menschen mit Vernunft hat in der Geschichte leider nie gehindert, dass Menschen einander zu Tode brachten.“[50]

4. Ökumenischen Konsens bei ethischen Fragen wieder finden

Angesichts dieser grossen Herausforderungen ist die christliche Ökumene zu einem gemeinsamen Zeugnis in den heutigen Gesellschaften verpflichtet. In glaubwürdiger Weise ist dies aber nur möglich, wenn sie sich dem gravierenden Problem stellt, das in der christlichen Ökumene selbst virulent geworden ist. Es besteht darin, dass in der Ökumene in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gerade im Bereich der Ethik massive Spannungen und Divergenzen aufgetreten sind. Es erscheint als paradox, dass, während es zu einem grossen Teil gelungen ist, alte konfessionelle Glaubensgegensätze zu überwinden oder zumindest Annäherungen entgegenzuführen, heute grosse Unterschiede vor allem bei ethischen Fragen an den Tag treten. Während in einer früheren Phase der Ökumenischen Bewegung das Losungswort geheissen hat: „Glaube trennt – Handeln eint“, ist dieses in der Zwischenzeit gleichsam dahingehend auf den Kopf gestellt worden, dass der Glaube verbindet und vor allem die Ethik trennt. Denn in der ökumenischen Landschaft sind gravierende Divergenzen im Bereich der Ethik aufgetreten, vor allem auf zwei Feldern, nämlich auf der einen Seite bei der ethischen Problematik von Ehe, Familie und Sexualität, besonders im Horizont des heutigen Gender-Mainstream, und auf der anderen Seite bei den bioethischen Herausforderungen am Beginn und am Ende des menschlichen Lebens.

Für die Aufgabe der Neuevangelisierung wird es von entscheidender Bedeutung sein, dass sich die christliche Ökumene dieser Herausforderung stellt und sich mit den zu Tage getretenen Divergenzen auf ethischem Gebiet intensiv beschäftigt. Denn wenn die christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften zu den grossen ethischen Fragen des menschlichen Lebens und des gesellschaftlichen Zusammenlebens nicht mit einer Stimme sprechen können, wird die christliche Stimme in den säkularisierten Gesellschafen von heute immer schwächer, und dies schadet der Glaubwürdigkeit der Neuevangelisierung und der Ökumene überhaupt in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit.

Hinzu kommt eine weitere Herausforderung: Wenn man die genannten Entwicklungen näher analysiert, erhebt sich die starke Vermutung, dass hinter diesen ethischen Problemen zumeist Fragestellungen stehen, die das Menschenbild betreffen.[51] Denn ethische Handlungsanweisungen lassen sich nur verstehen, wenn nach dem menschlichen Subjekt zurückgefragt wird, von dem ethisches Handeln ausgesagt wird. Ethische Fragen entscheiden sich letztlich am Menschenbild, von dem man sich leiten lässt; und dieses ist seinerseits vom Gottesbild abhängig[52]. Die christliche Ökumene steht deshalb vor der grossen Aufgabe, sich auf das biblische Menschenbild zurückzubesinnen und über dieses in ökumenischer Gemeinschaft Rechenschaft abzulegen, um jene Differenzen in der Ethik und in der Anthropologie zu überwinden, die in der Zwischenzeit sichtbar geworden sind. In der heutigen Ökumene stellt sich deshalb die Wiedergewinnung einer gemeinsamen christlichen Anthropologie als eine vordringliche Aufgabe dar, die im Dienst einer glaubwürdigen Neuevangelisierung in ökumenischem Geist steht.

IV. Glaubwürdige Wege ökumenischer Neuevangelisierung

Mit der Benennung der wesentlichen Inhalte der ökumenischen Neuevangelisierung stellt sich auch die Frage, in welcher Weise und auf welchen Wegen sie vollzogen werden kann, damit sie sowohl der Sendung der Kirchen als auch der Sendung der Ökumene dient. Die erste grundlegende Bedingung besteht zweifellos darin, dass die missionarische Dynamik in ökumenischem Geist nur lebt, wenn die Christen überzeugt sind, dass ihnen mit dem Evangelium von Jesus Christus ein so grossartiges Geschenk anvertraut ist, dass sie es auf der einen Seite nicht für sich behalten können, sondern dass sie es freigebig weitergeben und dazu einladen, es zu empfangen, dass sie es aber auf der anderen Seite in keiner Weise anderen Menschen aufdrängen. Neuevangelisierung kann nur auf dem Weg geschehen, dass das von der Freude des Evangeliums berührte Herz des Christen das Herz anderer Menschen berührt und seine Vernunft zur Vernunft anderer Menschen spricht. Ökumenische Neuevangelisierung ist ein durch und durch freiheitlicher Vorgang, der sich an die Freiheit anderer Menschen adressiert, ohne sie zu bedrängen. Ökumenische Neuevangelisierung ist die freiheitliche Einladung an die Freiheit der anderen Menschen, Kommunikation aufzunehmen und in einen belebenden Dialog einzutreten. Dem Christlichen ist folglich jede Form des Proselytismus zuwider.

1. Ökumenische Evangelisierung ohne konfessionellen Proselytismus

Mit dem Stichwort des Proselytismus ist ein Problem angesprochen, mit dem sich jede missionstheologische Reflexion in ökumenischer Sicht beschäftigen muss, um die Neuevangelisierung nicht mit einer schwerwiegenden Hypothek aus der Vergangenheit zu belasten, sondern einen ökumenischen Konsens erreichen zu können. Das Stichwort des Proselytismus trägt freilich zunächst die Schwierigkeit in sich, dass es in einem verschiedenen Sinn verwendet werden kann[53]. In einer positiven oder zumindest neutralen Sinnrichtung kann das Wort alle Bemühungen einer Religionsgemeinschaft bezeichnen, um neue Mitglieder zu gewinnen. In der ökumenischen Diskussion überwiegt aber seit langem die negative Sinnrichtung des Wortes, unter dem alle Bemühungen einer Religionsgemeinschaft zu verstehen sind, um jeden Preis und unter Anwendung aller irgendwie wirksamen Mittel neue Mitglieder zu gewinnen, wobei nach dem moralisch dekadenten Grundsatz gehandelt wird, dass der Zweck die Mittel heiligt.

Diese negative Konnotation ist in der Ökumenischen Bewegung dominierend geworden, und zwar mit jenem Studien-Dokument, das von der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Neu Delhi im Jahre 1961 angenommen worden ist und in dem es heisst: „Proselytismus ist nicht etwas völlig anderes als echtes Zeugnis: er ist das Zerrbild des Zeugnisses. Das Zeugnis wird verzerrt, wenn – heimlich oder offen – Überredungskünste, Bestechung, unerlaubter Druck oder Einschüchterung angewandt werden, um eine scheinbare Bekehrung zu erreichen.“[54] Diese negative Konnotation hat sich auch das Zweite Vatikanische Konzil angeeignet, indem es in seiner Erklärung über die Religionsfreiheit „Dignitatis humanae“ jede Form von Proselytismus ablehnt, wenn beispielsweise hervorgehoben wird, man müsse „bei der Verbreitung des religiösen Glaubens und bei der Einführung von Gebräuchen“ sich „allzeit jeder Betätigung enthalten, die den Anschein erweckt, als handle es sich um Zwang oder um unehrenhafte oder ungehörige Überredung, besonders wenn es weniger Gebildete oder Arme betrifft“[55].

Mit dieser Erklärung hat das Konzil vor der keineswegs leichten Frage gestanden, wie nun der Missionsauftrag der Kirche mit dem Prinzip der Religionsfreiheit und der in ihm begründeten Ablehnung des Proselytismus vereinbart werden kann.[56] Um das mögliche Missverständnis, mit der Erklärung über die Religionsfreiheit  habe das Zweite Vatikanische Konzil das Ende der Missionstätigkeit der Kirche eingeläutet, abzuwehren, wird in Artikel 14 von „Dignitatis humanae“ unmissverständlich festgehalten: „Nach dem Willen Christi ist die katholische Kirche die Lehrerin der Wahrheit; ihre Aufgabe ist es, die Wahrheit, die Christus ist, zu verkündigen und authentisch zu lehren, zugleich auch die Prinzipien der sittlichen Ordnung, die aus dem Wesen des Menschen selbst hervorgehen, autoritativ zu erklären und zu bestätigen.“

Die konziliare Erklärung über die Religionsfreiheit verpflichtet somit in keiner Weise zum Verzicht auf das missionarische Zeugnis der Kirche für die Wahrheit des Glaubens; sie verpflichtet aber dazu, bei der missionarischen Wirksamkeit auf alle jene Mittel zu verzichten, die dem Evangelium Jesu Christi nicht entsprechen, und allein die Methoden des Evangeliums anzuwenden, die in der Verkündigung des Wortes und im Zeugnis des Lebens bis hin zum Blutzeugnis bestehen. Die Konzilserklärung über die Religionsfreiheit hat insofern wesentlich dazu beigetragen, die missionarische Wirksamkeit der Kirche reiner und damit überzeugender werden zu lassen. In einer anderen Weise kann in der Tat im heutigen Lebenskontext, der ganz von der Freiheitssehnsucht der Menschen geprägt ist, Mission nicht verwirklicht werden, wie Papst Benedikt XVI. bei der Eröffnung der V. Generalversammlung der Bischöfe von Lateinamerika und der Karibik in Aparecida im Mai 2007 eindringlich betont hat: „Die Kirche betreibt keinen Proselytismus. Sie entwickelt sich vielmehr durch Anziehung. Wie Christus mit der Kraft seiner Liebe, die im Opfer am Kreuz gipfelt, alle an sich zieht, so erfüllt die Kirche ihre Sendung in dem Mass, in dem sie, mit Christus vereint, jedes Werk in geistlicher und konkreter Übereinstimmung mit der Liebe ihres Herrn erfüllt.“[57] Anziehende Mission ohne Proselytismus ist der Tatbeweis glaubwürdiger Neuevangelisierung in ökumenischem Geist.

2. Ökumene der Märtyrer als innerste Mitte der Neuevangelisierung

Das Prinzip der Religionsfreiheit verhindert das Glaubenszeugnis in keiner Weise, sondern ermöglicht es, das die entscheidende Kategorie der Neuevangelisierung darstellt, und zwar gemäss der sensiblen Wahrnehmung von Papst Paul VI., dass der heutige Mensch keine Lehrer, sondern Zeugen brauche und Lehrer nur insofern, als sie auch und in erster Linie als Zeugen wahrgenommen werden können. Christliche Ökumene darf dabei dankbar daran erinnern, dass die glaubwürdigsten Zeugen des Glaubens und die überzeugendsten Exegeten des Evangeliums die Märtyrer sind, die für den Glauben an Jesus Christus ihr Leben hingegeben haben. Sie sind zweifellos bei der heutigen Neuevangelisierung eine hilfreiche Wegweisung, zumal die Christenheit am Ende des Zweiten und am Beginn des Dritten Jahrtausends erneut Märtyrerkirche geworden ist, insofern in der heutigen Welt Christen in einem Ausmass verfolgt werden, das kaum geschichtliche Parallelen kennt. Heute finden jedenfalls mehr Christenverfolgungen als in den ersten Jahrhunderten statt. Denn achtzig Prozent aller Menschen, die heute wegen ihres Glaubens verfolgt werden und unter schweren Anfeindungen leben müssen, sind Christen. Der christliche Glaube ist die heute am meisten verfolgte Religion.[58]

Diese erschütternde Bilanz stellt eine grosse Herausforderung zu leidempfindlicher Solidarität mit den verfolgten Christen und zu mehr Einheit unter den Christen dar. Denn heute haben alle christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften ihre Märtyrer. Christen werden heute nicht verfolgt, weil sie einer bestimmten Glaubensgemeinschaft angehören, weil sie orthodox oder lutherisch, anglikanisch oder katholisch sind, sondern weil sie Christen sind. Das Martyrium ist heute ökumenisch, und man muss von einer eigentlichen Ökumene der Märtyrer sprechen.[59]

Ihr hat Papst Johannes Paul II. vor allem in seiner Enzyklika über den Einsatz für die Ökumene „Ut unum sint“ besondere Aufmerksamkeit gewidmet und hervorgehoben, dass wir Christen „aus einer theozentrischen Sicht“ bereits ein „gemeinsames Martyrologium“ haben, das uns vor Augen führt, „wie auf einer tieferen Ebene Gott unter den Getauften die Gemeinschaft unter dem höchsten Anspruch des mit dem Opfer des Lebens bezeugten Glaubens aufrechterhält“[60]. Trotz aller Tragik der Christenverfolgungen hat Papst Johannes Paul II. in der Ökumene der Märtyrer deshalb auch eine positive Botschaft gesehen und in ihr bereits eine grundlegende Einheit unter den Christen wahrgenommen und gehofft, dass die Märtyrer uns helfen werden, die volle Gemeinschaft aller Christen wieder zu finden. Während wir Christen und Kirchen auf dieser Erde noch in einer unvollkommenen Gemeinschaft zu- und miteinander stehen, leben die Märtyrer in der himmlischen Herrlichkeit bereits jetzt in voller und vollendeter Gemeinschaft. Das „mutige Zeugnis so vieler Märtyrer unseres Jahrhunderts, die auch anderen nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche befindlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften angehören“, sind für Johannes Paul II. der „bedeutendste Beweis dafür, dass in der Ganzhingabe seiner selbst an die Sache des Evangeliums jedes Element der Spaltung bewältigt und überwunden werden kann“[61].

Das Blut, das die Märtyrer heute für Christus vergiessen, trennt uns Christen nicht, sondern eint uns. In der Ökumene der Märtyrer oder, wie Papst Franziskus zu sagen pflegt, in der Ökumene des Blutes begegnet uns eine grosse Verheissung. Die frühe Kirche ist überzeugt gewesen, dass das Blut der Märtyrer Same von neuen Christen ist: „Sanguis martyrum – semen Christianorum“. In der gleichen Weise dürfen wir auch heute hoffen, dass sich das Blut von so vielen Märtyrern unserer Zeit einmal als Same der vollen ökumenischen Einheit des durch so viele Kirchenspaltungen verwundeten einen Leibes Christi erweisen wird. Wir dürfen überzeugt sein, dass wir Christen im Blut der Märtyrer bereits eins geworden sind und das Leiden von so vielen Christen und Christinnen Einheit stiftet, die sich als stärker erweist als die Differenzen, die die christlichen Kirchen noch trennen.

In der Ökumene der Märtyrer dürfen wir das überzeugendste Zeichen der Ökumene wahrnehmen, das uns freilich mit der beunruhigenden Frage konfrontiert, die Papst Franziskus gestellt hat: „Wenn uns der Feind im Tod vereint, wie kommen wir dann dazu, uns im Leben zu trennen?“[62] Ist es in der Tat nicht beschämend, dass die Christenverfolger manchmal die bessere ökumenische Vision als wir Christen selbst haben? Denn diese wissen darum, dass wir Christen untrennbar zusammengehören.

In der Ökumene der Märtyrer tritt erst recht die existenzielle Dringlichkeit der ökumenischen Suche nach der Einheit der Kirche und damit der innerste Kern allen ökumenischen Bemühens vor unsere Augen und bestätigt sich erneut die unlösbare Zusammengehörigkeit von Neuevangelisierung und ökumenischer Verantwortung. Wenn wir uns dessen inne werden, dass die Neuevangelisierung in der heutigen Lebenswelt damit steht oder fällt, dass sich alle christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in neuer Weise am Evangelium Jesu Christi orientieren und es verkünden, dann dürfte es sich von selbst verstehen, dass wir Christen heute die grosse Herausforderung der Neuen Evangelisierung nur mit vereinten Kräften und damit in ökumenischer Gemeinschaft wahrnehmen können. Evangelisierung und Ökumene erweisen sich zumal in der heutigen Welt gleichsam als siamesische Zwillinge, die nicht voneinander getrennt werden können, sondern nur gemeinsam lebensfähig sind.

Comp: Ökumene-Evangelisierung-Ausgburg2023

 

[1]  A. Delp, Vertrauen zur Kirche (1941), in: Ders., Gesammelte Schriften. Band I: Geistliche Schriften. Hrsg. von R. Bleistein (Frankfurt a. M. 1982) 263-283, zit. 280.

[2]  A. Delp, Das Schicksal der Kirchen (1944/45), in: Ders., Gesammelte Schriften. Band  IV: Aus dem Gefängnis. Hrsg. von R. Bleistein (Frankfurt a. M. 1984) 318-323, zit. 319.

[3]  W. Kasper, Eine missionarische Kirche ist ökumenisch, in: Ders., Wege zur Einheit der Christen = Gesammelte Schriften. Band 14 (Freiburg i. Br. 2012) 521-534, zit. 523.

[4]  Vgl. W. Kasper, Evangelisierung und Neuevangelisierung. Überlegungen zu einer neuen pastoralen Perspektive, in: P. Neuner / H. Wagner (Hrsg.), In Verantwortung für den Glauben. Beiträge zur Fundamentaltheologie und Ökumenik (Freiburg i. Br. 1992) 231-244; W. Zauner, Evangelisierung und Neu-Evangelisierung, in: Theologisch-Praktische Quartalschrift 138 (1990) 49-56.

[5]  Vgl. K. Kardinal Koch, Evangelisierung aus der „quellhaften Liebe“ heraus, in: M. Delgado und M. Sievernich (Hrsg.), Die grossen Metaphern des Zweiten Vatikanischen Konzils. Ihre Bedeutung für heute (Freiburg i. Br. 2013) 355-372.

[6]  Vgl. H. J. Pottmeyer, Die Öffnung der römisch-katholischen Kirche und die ekklesiologische Reform des 2. Vatikanums. Ein wechselseitiger Einfluss, in: Paolo VI e l’Ecumenismo. Colloquio Internazionale di Studio Brescia 1998 (Brescia - Roma 2001) 98-117.

[7]  Ench. Vat. Vol I Documenti del Concilio Vaticano II, 104 f.

[8]  Unitatis redintegratio, Nr. 1.

[9]  Lumen gentium, Nr. 1

[10]  Vgl. Pontificio Consiglio per la promozione della nuova evangelizazzione (ed.), Enchiridion della nuova evangelizazzione. Testi del Magistero pontificio e conciliare 1939-2012 (Città del Vaticano 2012).

[11]  Paul VI., Evangelii nuntiandi, Nr. 14.

[12]  Ebda., Nr. 77.

[13]  Johannes Paul II., Ut unum sint, Nr. 99.

[14]  Benedikt XVI., Ansprache bei der Eröffnung der V. Generalkonferenz des Episkopates von Lateinamerika und der Karibik in Aparecida am 13. Mai 2007.

[15]  Benedikt XVI., Homilie in der Feier der ersten Vesper am Hochfest des Heiligen Petrus und Paulus am 28. Juni 2010.

[16]  Benedikt XVI., Predigt in der Feier der Vesper zum Abschluss der Gebetswoche für die Einheit der Christen am 25. Januar 2013.

[17]  Franziskus, Evangelii gaudium, Nr. 1.

[18]  Ebda., Nr. 19-23.

[19]  Eba., Nr. 244.

[20]  Ebda., Nr. 246.

[21]  Vgl. K. Kardinal Koch, Das ökumenische Lehramt der Päpste nach dem Konzil, in: Ders., Wohiin geht die Ökumene? Rückblicke – Einblicke – Ausblicke ((Regensburg 2021) 71-139.

[22]  J. Ratzinger – Benedikt XVI., Jesus von Nazareth. Zweiter Teil: Vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung (Freiburg i. Br. 2011) 113f.

[23]  Vgl. J. Lortz, Die Reformation in Deutschland. (Freiburg i. Br. 1962).

[24]  J. Lortz, Wie kam es zur Reformation? (Einsiedeln 1950) 10.

[25]  Ebda. 8-9.

[26]  Ebda. 8.

[27]  Ebda. 8.

[28]  Ebda. 10.

[29]  W. Pannenberg, Über Lortz hinaus?, in: R. Decot und R. Vinke (Hrsg.), Zum Gedenken an Joseph Lortz (1887-1975). Beiträge zur Reformationsgeschichte und Ökumene (Stuttgart 1989) 93-105, zit. 94.

[30]  W. Pannenberg, Reformation und Einheit der Kirche, in: Ders., Ethik und Ekklesiologie. Gesammelte Aufsätze (Göttingen 1977) 254-267, zit. 255.

[31]  W. Pannenberg, Einheit der Kirche als Glaubenswirklichkeit und als ökumenisches Ziel, in: Ders., Ethik und Ekklesiologie. Gesammelte Aufsätze (Göttingen 1977) 200-210, zit. 201. Zum Ganzen vgl. Ders., Christentum in einer säkularisierten Welt (Freiburg i. Br. 1988).

[32]  J. B. Metz, Glaube in Geschichte und Gesellschaft (Mainz 1977) 31.

[33]  Vgl. K. Koch, Hat das Christentum noch Zukunft? Zur Präsenz der Kirche in den säkularisierten Gesellschaften Europas, in: Communio. Internationale katholische Zeitschrift 32 (2003) 116-136; Ders., Brauchen wir ein öffentliches Christentum? in: M. Delgado / A. Jödicke / G. Vergauwen (Hrsg.), Religion und Öffentlichkeit. Probleme und Perspektiven (Stuttgart 2009) 99-118.

[34]  J. Lortz, Wie kam es zur Reformation? (Einsiedeln 1950) 10.

[35]  W. Pannenberg, Die zukünftige Rolle von „Glauben und Kirchenverfassung“ in einer säkularisierten Welt, in: Ders., Beiträge zur Systematischen Theologie. Band 3: Kirche und Ökumene (Göttingen 2000) 234-244, zit. 243.

[36]  Vgl. K. Koch, Mission oder De-Mission der Kirche? Herausforderungen an eine notwendige Neuevangelisierung, in: G. Augustin / K. Krämer (Hrsg.), Mission als Herausforderung. Impulse zur Neuevangelisierung (Freiburg i. Br. 2011) 41-70; Ders., Das Evangelium der Liebe Gottes in der Welt bezeugen. Besinnung auf den missionarischen Grundauftrag der Kirche, in: G. Augustin und N. Eterovic (Hrsg.), Mission in säkularer Gesellschaft. Ein Herzensanliegen (Freiburg i. Br. 2020) 30-52.

[37]  Vgl. W. Pannenberg, Entwicklung und (Zwischen-)Ergebnisse der ökumenischen Bewegung seit ihren Anfängen, in: H. Fries u. a., Das Ringen um die Einheit der Christen. Zum Stand des evangelisch-katholischen Dialogs (Düsseldorf 1983) 14-30, bes. 17-20.

[38]  Vgl. K. Kardinal Koch, Entweltlichung und Neuevangelisierung: Gegensatz oder Synthese? Theologische Perspektiven von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI., in: G. Gämswein (Hrsg.), Fides et ratio im Denken und Wirken Benedikts XVI. – Ratzinger-Studien. Band 23 (Regensburg 2022) 101-121.

[39]  Benedikt XVI., Brief an die Bischöfe der katholischen Kirche in Sachen Aufhebung der Exkommunikation der vier von Erzbischof Lefebvre geweihten Bischöfe (10. März 2009).

[40]  Vgl. W. Kasper, Ökumene und die Einheit Europas, in: Ders., Wege zur Einheit der Christen = Gesammelte Schriften. Band 14 (Freiburg i. Br. 2012) 665-684; J. Kardinal Ratzinger, Werte in Zeiten des Umbruchs. Die Herausforderungen der Zukunft bestehen (Freiburg i. Br. 2005).

[41]  Vgl. A. Besancon, Le malheur du siècle. Sur le communisme, le nazisme et l’unicité de la Shoah (Paris 1998).

[42]  Vgl. K. Koch, Die Gottesfrage klopft an die ökumenische Türe, in: Catholica 54 (2000) 1-13.

[43]  Benedikt XVI., Ansprache während des ökumenischen Gottesdienstes in der Kirche des Augustinerklosters Erfurt am 23. September 2011.

[44]  W. Kasper, Neue Evangelisierung als theologische, pastorale und geistliche Herausforderung, in: Ders., Das Evangelium Jesu Christi  = Gesammelte Schriften. Band 5 (Freiburg i. Br. 2009) 243-317, zit. 293.

[45]  Vgl. K. Kardinal Koch, Auf dem Weg zu einer ökumenischen Feier des 1700. Jahrestags des Konzils von Nicaea (325-2025), in: P. Knauer, A. Riedl, D. W. Winkler (Hrsg.), Patrologie und Ökumene. Theresia Hainthaler zum 75. Geburtstag (Freiburg i. Br. 2022) 320-341.

[46]  Vgl. R. Weimann, Wegweisung für das ewige Leben (Kisslegg 2023).

[47]  F.-X. Kaufmann / J.B. Metz, Zukunftsfähigkeit. Suchbewegungen im Christentum (Freiburg i. Br. 1987) 130.

[48]  Ebda.

[49] P. M. Zulehner, Ein Obdach der Seele. Geistliche Übungen – nicht nur für fromme Zeitgenossen (Düsseldorf 1994) 54.

[50]  W. Pannenberg, Christliche Rechtsüberzeugungen im Kontext einer pluralistischen Gesellschaft, in: Ders., Beiträge zur Ethik (Göttingen 2004) 55-68, zit. 60.

[51]  Vgl. B. Stubenrauch / M. Seewald (Hrsg.), Das Menschenbild der Konfessionen. Achillesverse der Ökumene? (Freiburg i. Br. 2015).

[52]  Vgl. R. Weimann, Der Glaube an den dreifaltigen Gott und das Menschenbild, in: G. Augustin, Ch. Schaller, S.  Sledziewski (Hrsg.), Der dreifaltige Gott. Christlicher Glaube im säkularen Zeitalter. Für Gerhard Kardinal Müller (Freiburg i. Br. 2017) 181-197.

[53]  Vgl. S. Ferrari, Proselytism and human rights, in: J. Witte, Jr and F. S. Alexander (ED.), Christianity and Human Rights (Cambridge 2010) 253-266.

[54]  F. Lüpsen (Hrsg.), Neu Delhi-Dokumente (Witten 1962) 104-106.

[55]  Dignitatis humanae, Nr. 4.

[56]  Vgl. J. Hamer und Y. Congar (Hrsg.), Die Konzilserklärung über die Religionsfreiheit (Paderborn 1967).

[57]  Benedikt XVI., Predigt in der Eucharistiefeier zur Eröffnung der V. Generalversammlung der Bischöfe von Lateinamerika und der Karibik auf dem Vorplatz des Nationalheiligtums in Aparecida am 13. Mai 2007.

[58]  Vgl  R. Backes, „Sie werden euch hassen“. Christenverfolgung heute (Augsburg 2005); R. Guitton, Cristianofobia. La nuova persecuzione (Torino 2010).

[59]  Vgl. K. Cardinal Koch, Christenverfolgung und Ökumene der Märtyrer. Eine biblische Besinnung (Norderstedt 2016).

[60]  Johannes Paul II., Ut unum sint, Nr. 84.

[61]  Ebda., Nr. 1.

[62]  Franziskus, Ansprache an die Bewegung der Charismatischen Erneuerung am 3. Juli 2015.