Grusswort Unità dei Cristiani e.V. | Einheit der Christen − Ökumene

Rom, im November 2019

 

Liebe Freunde der Unità dei Cristiani

Jeweils am Beginn der Adventszeit erhalten Sie den Jahresbrief, in dem auf die Aktivitäten Ihres Vereins zurückgeblickt wird. Dieser Brief ist eine willkommene Gelegenheit auch für mich als Procurator, ein kleines Wort des Dankes mitzusenden, um Sie, liebe Mitglieder und Freunde der Unità dei Cristiani, auf diesem Weg herzlich zu grüssen und Ihnen zu danken für Ihr Mitdenken und Mitwirken beim ökumenischen Grundanliegen der Wiederherstellung der Einheit der Christen. Gewiss auch in Ihrem Namen schreibe ich ein besonderes Wort des Dankes an den Präsidenten, Herrn Max Semler, für seine umsichtige Leitung des Vereins und für sein ökumenisches Engagement.

Das äussere Faktum, dass Sie den Jahresbrief am Beginn des Advents erhalten, enthält auch eine innere Bedeutung: Der Advent richtet unsere Aufmerksamkeit auf die Zukunft, freilich nicht auf jene Zukunft, die wir Menschen herbeiführen könnten, sondern auf jene Zu-Kunft, die von Gott her auf uns zu kommt. Es geht nicht einfach um unser menschliches Futurum, sondern um den Adventus Gottes, um sein Kommen in die Welt, indem er selbst Mensch wird.

Die adventliche Dimension unseres Glaubens hat auch viel zu bedeuten für unser aller ökumenisches Engagement. Sie hält in unserem Bewusstsein wach, dass die Einheit der Kirche, um die wir uns bemühen, nicht einfach von uns Menschen hergestellt werden kann. Denn wir können die Einheit nicht selbst machen, und wir können auch nicht über ihre Gestalt und ihren Zeitpunkt befinden. Wir Christen können Spaltungen produzieren, wie die Geschichte und – leider – auch die Gegenwart zeigen. Die Einheit können wir uns aber nur vom Heiligen Geist schenken lassen, indem wir uns im Gebet darauf vorbereiten. Diese Glaubensüberzeugung entlastet uns gewiss nicht von unserem Bemühen, sie ruft uns aber in Erinnerung, dass alles ökumenische Engagement, wie Papst Franziskus betont, „an erster Stelle auf das Gebet“ antwortet und „wesentlich auf das Gebet gegründet“ ist.

Auf die adventliche Dimension der Ökumene macht uns in besonderer Weise der russische Dichter und Philosoph Wladimir S. Solowjow aufmerksam. In seiner „Kurzen Erzählung vom Antichristen“ hebt er hervor, dass im Augenblick der letzten Entscheidung vor Gott sichtbar werden wird, dass in allen kirchlichen Gemeinschaften um Petrus, Paulus und Johannes Parteigänger des Antichristen leben, die mit ihm gemeinsame Sache machen, dass es aber auch wahre Jünger Jesu gibt, die dem Herrn bis in die Stunde seines Kommens die Treue halten. Der russiche Dichter lebt dabei in der adventlichen Hoffnung, dass vor dem Angesicht des wiedergekommenen Christus sich die Getrennten um Petrus, Paulus und Johannes endgültig als Brüder erkennen werden.

Mit dieser Erzählung will Solowjow die Einheit der Jünger Jesu gewiss nicht ans Ende aller Tage verschieben. Der Autor mutet uns vielmehr zu, dass im Licht der endgültigen Vollendung, in der Petrus, Paulus und Johannes unlösbar zusammengehören, wir Christen uns bereits jetzt begegnen. Wenn wir Christen gemeinsam unterwegs zum wiederkommenden Christus sind, sind wir auch unterwegs zur Einheit untereinander und können wir auch als – noch – Getrennte bereits jetzt eins sein, nämlich im gemeinsamen Glauben an Jesus Christus. Je mehr wir uns als Christen ihm annähern, indem wir uns zu ihm und seiner Liebe bekehren, desto mehr kommen wir auch einander näher.

Dies ist der Anspruch des Advents an unser Leben des Glaubens und unser ökumenisches Wirken. Ich wünsche Ihnen, liebe Mitglieder und Freunde der Unità dei Cristiani, eine tiefe Erfahrung des Advents – auch im ökumenischen Sinn -  und bereits heute ein von Gottes Gnade beschenktes Weihnachtsfest und den begleitenden Segen Gottes ins kommende Jahr hinein. Mit freundlichen Grüssen und in der Verbundenheit des Gebetes um die Einheit verbleibe ich als.